Montag, 10. März 2014

Kommunikation. Freundschaften. Privatsphäre.

Was haben wir eigentlich früher gemacht? Früher, als Musik noch von Kassetten und Schallplatten kam, als Telefone noch in der Wand eingesteckt waren und Mails ausschließlich vom Postboten gebracht wurden? Ich bin definitiv alt genug um es beantworten zu können: Wir haben Telefonate außerhalb des bezahlbaren 50 Kilometer-Radius eher knapp und ökonomisch geführt. In der Schulzeit hatte ich noch Brieffreundinnen. Wann diese dann meine Briefe gelesen haben, sah ich nicht wie auf Whatsapp über die hellgraue Stalking-Zeile „zuletzt online“. Nach dem Abschicken vergingen nicht selten ein-zwei Wochen, bis mir ein Antwortbrief mitteilte, wie meine Zeilen angekommen sind. Manchmal habe ich auch ein Foto dazu gepackt, um zu zeigen was eben gerade so los ist. Obwohl „gerade“ es nicht trifft. Das Foto wurde fotografiert, der Film erst einmal zu Ende belichtet und dann entwickelt.

E-Mails gab es nicht. Nicht nur auf dem Smartphone nicht, sondern gar nicht. Und inzwischen sind E-Mails in der privaten Kommunikation schon fast wieder out, ersetzt durch Whatsapp, Facebook und Co.  Weltweite Kommunikation in Fast-Echtzeit ist einfach geworden. Heute schreibe ich ein paar Sätze einem Freund in Vietnam und sehe meist nach wenigen Sekunden oder Minuten, dass er „online“ ist und gerade „schreibt…“. Sofort kommt die Antwort. Ein bisschen Text-Ping-Pong, bis das Gesprächsthema erledigt ist.

Beim Ausgehen ein Selfie-Gruppen-Foto, um meinen Followern zu zeigen wie cool mein Leben ist – idealerweise viel cooler als ihr Leben. Wir gieren nach Aufmerksamkeit und Anerkennung, weil es so leicht geworden ist, sie zu bekommen. Deshalb auch lädt das leicht bekleidete Teeniemädchen ein neues Spiegel-Selfie auf Instagram hoch. 54 „Gefällt mir“ Angaben in 2 Stunden. Instant gratification. Du bist so toll.

Der Preis für diese neue Welt ist allerdings hoch.

Soziale Kontakte verlieren an Wert, werden zahlreich, austauschbar. Wir müssen nicht mehr hinausgehen, um Gemeinschaft zu erleben, es genügt ein Fingertipp, um in Kontakt zu treten. Auf Whatsapp werden  Dutzende, oft wertlose Bekanntschaften jongliert, ein „Hallo!“ hier, ein „na was geht?“ dort.

Wir verlieren uns Recht auf Privatsphäre und unser Recht, auch einfach mal nicht erreichbar zu sein. Wir sind nicht mehr ungestört. Die Markierungen „gelesen“ und die permanente Indiskretion „zuletzt online“ machen uns zu Stalking-Opfern, freiwilligen Stalking-Opfern.

Aber ich will es auf keinen Fall ändern. Ich sehne mich nicht zurücknach diesem „Früher“.

Denn nichts ist geiler als ein Smartphone beim Kacken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen