Freitag, 3. Juli 2015

Die Krise mit Griechenlands Schulden mal kurz erklärt

Griechenland hatte Schulden (bspw. in Form von Staatsanleihen) bei Banken. Diese Schulden haben unserer Politiker (nicht die griechischen) gegen Schulden bei öffentlichen Institutionen ausgetauscht. Das heißt, das mit einem Zahlungsausfall entstehende Risiko der Nicht-Rückzahlung trifft nun nicht mehr die Banken und Versicherungen, die Griechenland Geld geliehen haben, sondern Institutionen wie die EZB und den IWF, die letztendlich steuerfinanziert sind, also unter anderen von deinem und meinem Geld bezahlt werden.

Geht Griechenland nun pleite (und davon ist nicht erst seit dem Referendum irgendwie auszugehen), dann betrifft der Zahlungsausfall nicht mehr die Gläubiger-Banken und -Versicherungen, die ursprünglich leichtfertig Staatsanleihen gekauft haben, sondern mich. Das ist aber nicht das Problem, das Problem ist: Wie konnte es soweit kommen, wem habe ich erlaubt faule Kredite abzulösen und das enorme Ausfall-Risiko zu schultern? Weder Merkel, noch Schäuble haben wir (das Volk) das explizit erlaubt, warum auch? Gut ok, ein paar haben die Geldverschwender gewählt. Aber auch die hätten das nicht erlaubt. Warum Merkel und Co. das trotzdem tun? Weil sie von Lobbyisten der Banken und Versicherungen bearbeitet und sehr wahrscheinlich zumindest intellektuell korrumpiert werden. Denn sonst wäre es ja nicht zu erklären. Mit gesundem Menschenverstand hat das nichts zu tun.

Es bleibt also die Frage: Warum haben wir Schulden von privaten Gläubigern auf steuerfinanzierte Institutionen übertragen, obwohl für jeden Ökonomen klar war, dass diese Rechnung nur dann halbwegs aufgeht, wenn man Griechenland ausblutet?

Ein weiterer Punkt: Warum leiht man einem Staat Geld, der nicht in der Lage ist, seine Einnahmeseite zu sichern? Bei einem privaten Kredit (damit habe ich Erfahrung), sichern sich die Banken doppelt und dreifach ab, bevor sie Geld verleihen. Liegen Sie mit ihrer Einschätzung dann doch mal falsch, geht der Kredit flöten. Warum hat man dieses Prinzip nicht auf Griechenland angewendet?

Was macht man mit einem Staat, der pleite ist? Am einfachsten ist, er erklärt sich für zahlungsunfähig und bedient keinen Schuldendienst mehr. Kann er ja auch nicht, wenn er so überschuldet ist, dass eine Rückzahlung von Krediten utopisch ist. Dann haben die Banken und Anleger eben Pech gehabt. Aber das ist das Risiko, wenn man Geld leiht oder sich an spekulativen Finanzprodukten zu bereichern versucht, die auf solche Kredite wetten.

Der dann pleite gegangene Staat kann seine Verfassung gegebenenfalls ändern um die Einnahmeseite zukünftig auf ein solideres Fundament zu stellen. Einnahmen und Ausgaben müssen so abgestimmt werden, dass ersteres höher ist als zweiteres. Ohne die Rückzahlung von utopischen Krediten geht das dann auch in Griechenland vermutlich ganz gut.

Das geht aber in der Merkel-Schäuble-Seehofer-Gabriel-Logik nicht. Denn die waren zunächst dumm genug die Banken aus der Front der drohenden Pleite rauszunehmen und die Schulden ihren Völkern aufzubürden. Jetzt müssen sie natürlich schauen, dass die Kohle wieder reinkommt. Sonst heißt es ja: Hey, ihr Penner habt unser Geld fahrlässig veruntreut (an alle Juristen: Könnte man sie deswegen verklagen?). Aber die Rückzahlung aller griechischen Schulden ist ein Unterfangen, das schon allein aufgrund banaler Arithmetik zum Scheitern verurteilt ist.

Die alten griechischen Regierungen vor Syriza haben sich zur Sparkursen verpflichtet, die das Volk leiden ließen und die Krise weiter verschlimmerten. Griechenland war dabei totgespart zu werden. Damit will Syriza Schluss machen. Ich gehe auch davon aus, dass Tsipras und Varoufakis es bewusst darauf angelegt haben, dass es zu keiner Einigung kommt. Es kann ja gar nicht im Interesse einer Regierung sein, ihr eigenes Land zu Tode zu sparen.
 
Was bedeutet das und wo ist jetzt das Problem?
  • Zunächst würde eine Pleite Griechenlands bedeuten, dass es wohl aus dem Euro austritt. Aus Sicht der Griechen kann das nur gut sein, weil man mit einer eigenen Währung viel besser steuern kann, wie man Preisstabilität, Inflation und eventuelle Schulden am besten gegeneinander austariert. Und es ist Griechenland ja unbenommen später wieder den Euro einzuführen, wenn das Land meint, es passe dann in das Währungssystem
  • Option 1: Unsere Kredite sind futsch. Einige Milliarden Euro müssten abgeschrieben werden.
    Option 2:
    Die griechische Regierung erreicht einen Schuldenschnitt, der ihnen genug Luft zum Atmen lässt. Auch dann wären ein Teil unserer Kredite sind futsch. Einige (wenige) Milliarden Euro müssten abgeschrieben werden.
    Aber da bin ich ganz Kapitalist: Wer Geld verleiht, muss einen Zahlungsausfall einkalkulieren oder er ist zu dumm für diese Welt. Dumm nur, dass die Mehrheit der wählenden Deutschen solche Pfeifen gewählt hat, die diese Schulden erst einmal den Banken wegnehmen, um sie dann mit Steuergeldern abzuschreiben. Wer also darüber jammert, muss sich klar machen: Du selbst hast diese unfähige Regierung gewählt, oder warst politisch zu wenig engagiert um das zu verhindern.
  • Deutschland wird den Zahlungsausfall von ein paar Dutzend Milliarden Euro verkraften. Ist halt jetzt blöd mit dem ausgeglichenen Haushalt, den Schäuble sich zusammengespart hat und den jetzt eine aus seiner Sicht impertinente griechische Regierung in Frage stellt, weil sie ihr Land pleite erklärt. Aber Schäuble wiederum ist selbst schuld an dem Dilemma, denn ohne sein „Ja“ wäre die Umschuldung Griechenlands nicht möglich gewesen.
  • Die Gewinner sind eindeutig Banken, Versicherungen und sowieso schon stinkreiche Menschen, die ihr Geld zunächst dumm und leichtfertig in griechische Staatsanleihen angelegt hatten und deren Geld weitgehend umgeschuldet wurde auf den kleinen Steuerzahler.
  • Verlierer sind die durchschnittlichen Griechen. Die einfachen Menschen. Aber auch diese haben ihre Regierungen gewählt und müssen sich wie wir Deutschen wohl damit abfinden, dass die meisten Regierungen Reichen mehr geben und die Armen und Durchschnittsbürger das bezahlen lassen. Aber diesmal haben die Griechen eine radikale Linke gewählt. Nichts was ich mir für Deutschland wünsche, aber im Fall der Griechen war das goldrichtig. Denn wenn irgendjemand in Griechenland ein gerechtes und funktionierendes Steuersystem einführen kann, die Reeder endlich an den Kosten des Staatsführung beteiligen kann und das zweifellos vorhandene Geld gerechter verteilen kann, dann Syriza.  
  • Was lernen wir daraus: Wählt nur noch Politiker, die klar sagen was sie wollen und denen man glauben kann, dass sie Banken, Versicherungen, Fonds etc. nicht freikaufen werden, wenn einem Land oder einer Bank oder wem auch immer die Pleite droht. Außer dem gerade abdankenden Gregor Gysi fällt mir da aber spontan allerdings niemand ein (was dennoch keine Wahlempfehlung für diese linkspopulistische Partei ist). Die größte politische Enttäuschung ist nicht nur in diesem Punkt Sigmar Gabriel. Man merkt in so vielen seiner politischen Handlungen, dass er gegen seine eigenen früheren Überzeugungen agiert, dass man sich fragen muss: Ist er ein umgepolter Klon seiner selbst oder er wird von Interessen ferngesteuert, die nicht seine und schon gar keine sozialdemokratischen sind. 
Über Kommentare, Hinweise und andere Meinungen freue ich mich.


Und wer noch wissen will, warum mir nur Gregor Gysi einfällt, muss sich nur mal anhören, was er 1998 schon wusste und wie Recht er mit all dem hatte:



Update: Meine Idee, dass es sich inzwischen um den Tatbestand der Untreue handelt, scheint gar nicht so abwegig:

"[...] ELA [Nothilfen] darf aber nur solventen Banken gewährt werden. Die griechischen Banken sind aber solange nicht solvent, als der griechische Staat nicht solvent ist. Ihre Aktivseite besteht nämlich größtenteils aus Steuerforderungen gegenüber dem griechischen Staat und aus griechischen Staatsanleihen, also aus Forderungen gegen einen insolventen Schuldner. Die Insolvenz, nämlich die Zahlungsunfähigkeit des griechischen Staates, ist schon lange Fakt. Spätestens seit der griechische Staat eine fällige Kreditrate nicht an den IWF gezahlt hat, ist dies für jedermann, allen voran für Mario Draghi als Chef der europäischen Bankenaufsicht, offenkundig.

Es steht ganz außer Frage, dass jeder Vertreter einer normalen Geschäftsbank, der seinem dokumentiert insolventen Bankkunden neue, nicht zu 100 Prozent besicherte Mittel gewährt, eklatant gegen seine Pflicht verstößt, die Vermögensinteressen seiner Bank zu wahren. Im Klartext: Er beginge eine Untreue gegenüber seiner Bank."  
Quelle: Manager Magazin

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